Transalpine Run – zwischen Traum und Alptraum

Wie aus einem Traum ein „Albtraum“ wurde

Seit Jahren hatte ich noch ein Rennen im Hinterkopf, bei dem ich unbedingt an den Start gehen wollte: den Transalpine Run (TAR; www.transalpine-run.com). Richtig gelesen … RUN. Ein Etappenrennen im Zweierteam über die Alpen. Dieses Jahr sollte es soweit sein, es fehlte nur noch ein zweiter Verrückter, der mit mir dieses Abenteuer erleben wollte. Nach ein paar Anfragen im Bekannten- /Freundeskreis habe ich mit Markus Stöhr genau den richtigen Partner für dieses Vorhaben gefunden. Unsere Erfahrungen im Bereich Trail Running Rennen hielten sich aber arg in Grenzen: Markus kommt aus dem Triathlon und hat noch nie an solch einer Veranstaltung teilgenommen und mein einziger richtiger Bergmarathon liegt schon ein paar Jahre zurück. Die Vorzeichen standen also bestens.

Die Strecke war mit 290km und 17000hm verteilt auf 8 Tage deutlich anspruchsvoller als in den letzten Jahren.

Der Respekt vor diesen Zahlen war riesengroß und die Frage, wie wir das schaffen sollen kam des Öfteren auf. „Irgendwie wird´s schon gehen“ und „Das haben andere auch schon geschafft“ versuchten wir uns immer wieder einzureden.

Die Vorbereitung lief, bis auf eine Corona Infektion vier Wochen vor dem Start, größtenteils problemlos. Wir fühlten uns zwar beide fit, aber waren wir auch fit genug um diese Strecke zu meistern?

Ehe wir uns versahen war der 3.9.2022 gekommen und wir fanden uns in Garmisch zur Registrierung und Streckenbriefing ein.

1.Etappe: Garmisch – Nassereith (43km, 2200hm)

Die erste Etappe wollten wir zum „einrollen“ nutzen und uns nicht von der Euphorie zu sehr hinreißen lassen und zu viel Körner verschießen. Im Vorfeld hatten wir uns abgesprochen, dass Markus die Pace macht und ich „nur“ hinterherlaufe – aus Schutz vor mir selbst, um mich nicht selbst in Gefahr zu bringen.😉 Die Strecke kam uns als Flachlandtiroler sehr entgegen, da keine längeren steile Auf- & Abstiege zu bewältigen waren und wir größtenteils im Laufschritt vorankamen. Völlig überraschend liefen wir in Nassereith auf dem 7. Platz (4h 59min) der Herrenkategorie ein.

Wie in den kommenden Tagen auch, bestand der Rest des Tages daraus, dass wir uns maximal gut erholten … Essen, Trinken, Reboots, Schlafen.

2. Etappe: Nassereith – Imst (31km, 1800hm)

Die zweite Etappe erschien uns rein von den Daten her als die vermeintlich einfachste … ein paar Kilometer einlaufen, 1000hm am Stück bergauf, wellig dahin und 1300hm am Stück bergab. Am ersten Berg stellten sich bei Markus aber schon Krämpfe ein, so dass wir das geplante Tempo stark reduzieren mussten. Die Ursache war aber schnell gefunden: Markus hatte an dem Tag einfach zu wenig zu trinken erwischt und zu viel an Mineralien verloren. Mit unbändigem Willen kämpfte er sich bis zur Ziellinie und wir konnten den Tag trotzdem noch mit Platz 11 (4h 06min) bei den Herren abschließen.

3. Etappe: Imst – Mandarfen (54km, 2800hm)

Vor dieser Etappe hatten wir im Vorfeld am meisten Respekt, wenn nicht sogar ein wenig Angst. Weder Markus noch ich sind in unserem Leben schon eine solche Distanz gelaufen, geschweige denn mit den „paar“ zusätzlichen Höhenmetern. Die Taktik war klar … langsam angehen, von einer zur nächsten Verpflegung hangeln und die letzten 10km geistig streichen, da diese nur noch nahezu flach zum Etappenziel führten. Aus dem Fehler von gestern hatten wir gelernt und zusätzlich noch eine Trinkflasche und Salztabletten eingepackt. Die Taktik war so gut, dass die 2. Verpflegung bei Kilometer 25 so schnell da war, dass ich noch gar nicht damit gerechnet hatte, was mental richtig gutgetan hat. Die nächsten 15km gingen in einem ständigen auf und ab ziemlich flott vorbei und somit blieb also nur noch das „gestrichene“ Stück von 10km übrig. Kopf abschalten, Tempomat rein und einfach laufen … Wir finishten auf dem 6. Platz (6h 31min) in der Herren Kategorie.

Das Ergebnis war fast nebensächlich, viel größer war die Erleichterung und Freude diese Monster Etappe hinter uns zu haben.

4. Etappe: Mandarfen – Riffelsee (7km, 700hm) „Ruhetag“

Am vierten Tag stand der Bergsprint oder auch Ruhetag des TAR an. Auf dieser Etappe wollten wir unsere Kräfte für die nächsten Tage sparen und möglichst wenig Zeit auf unsere Konkurrenten verlieren. Wir legten zwar ein zügiges Tempo hin, schossen uns aber nicht komplett aus dem Leben. Vielmehr genossen wir an dem Tag die freie Zeit, um uns zu regenerieren und vor allem auszuschlafen. Heraus sprang trotzdem ein 4. Platz (52min) für die Herrengesamtwertung.

5. Etappe: Mandarfen – Obergurgl (37km, 2500hm)

Mit deutlich frischeren Beinen als die Tage zuvor starteten wir in die 5. Etappe. Heute ging es über das Pitztaler Jöchl auf fast 3000m. Von Anfang an schlugen wir ein zügiges Tempo an, so dass wir uns nach dem Joch schon vorne einsortiert hatten. In einem „flowigen“ Trail konnten wir unsere Stärke ausspielen und noch ein vor uns liegendes Team einholen. Die letzten 9km gingen nur noch bergab ins Ziel. Der Zielort Obergurgl lag bereits vor Augen, als mir ein folgeschwerer Fehler passierte… Während des Laufens schaute ich zu Markus zurück, fragte ob alles ok sei und stürzte mit zwei Überschlägen seitlich vom Trail. Das Einzige was auf die Schnelle zu sehen war, waren ein paar Schürfwunden am rechten Knie. Die Schmerzen hielten sich aber in Grenzen und ich konnte sofort weiterlaufen und die Etappe zusammen mit Markus auf dem 5. Rang (4h 53min) abschließen. Im Overall Ranking lagen wir mittlerweile auf dem 6. Platz.

6. Etappe: Neustift – Neustift (13km, 1000hm)

Die Schürfwunden waren aber tatsächlich das kleinere Problem, im Laufe des Tages entwickelte sich eine starke Prellung. Das Knie wurde doppelt so dick und ein normaler Schritt war nicht möglich. Einfach so aufgeben wollte ich allerdings nicht und da die ursprünglich geplante Etappe auf Grund von schlechtem Wetter verkürzt wurde, hatten wir noch einen kleinen Funken Hoffnung, dass ich den Tag irgendwie rumkriege. Leider kam es anders … nur unter großen Schmerzen konnte ich die Bergstation nach ¾ des Gesamtanstieges erreichen, an ein Ablaufen war nicht zu denken. An diesem Punkt war der TAR für mich und auch für uns als Team beendet.

Markus lief die Etappe noch zu Ende (1h 48min), ich musste die Bahn ins Tal nehmen. Die Enttäuschung und Emotionen waren bei uns beiden riesig, im Team feiert und leidet man eben gleichermaßen zusammen.

7. Etappe: Stubaital – Gossensass (38km, 2200hm)

Unser theoretischer Plan war, dass ich diese Etappe aussetze und es zum Finale zumindest nochmal versuche, sofern ein normales Gehen schmerzfrei funktioniert.

Leider musste dieser Tag auch wegen zu schlechtem Wetter an der zweiten Verpflegungsstation abgebrochen werden und die Teilnehmer wurden auf direkten Weg ins Tal geleitet. Markus lief die Etappe als Einzelstarter und konnte sich wieder gut in der Spitze etablieren. (4. Platz Einzelwertung, 2h 32min)

 8. Etappe: Gossensass – Vals (34km, 2700hm)

Die wundersame Heilung stellte sich leider nicht ein. So blieb mir nichts anderes übrig, als Markus zur Startlinie der letzten Etappe zu begleiten.

Emotional aufgeladen und mit der bis dahin besten Platzierung (2. Platz Einzelwertung, 4h 22min) der gesamten Woche kam Markus mir in Vals entgegen und wir konnten zumindest symbolisch zusammen die letzten paar Meter ins Ziel laufen bzw. gehen.

Mittlerweile geht es dem Knie schon wieder ziemlich gut, die Enttäuschung nicht gefinished zu haben, hängt mir aber ganz schön nach. Vor allem, weil es bis dahin einfach perfekt gelaufen ist … keine Blessuren, jede Menge Spaß, jeden Tag wieder Lust sich zu quälen und mit Markus einen perfekten Laufpartner an der Seite.

Wie auch bei anderen Veranstaltungen gilt auch hier … ohne eine perfekte Betreuung geht einfach nix. Eva hat uns die Tage bestens umsorgt und uns das Leben, außerhalb des Rennens, so leicht wie möglich gemacht! DANKE

Vielleicht habe ich den ein oder anderen ja inspiriert, das Rad mal gegen die Laufschuhe zu tauschen!

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