Ironman World Championship 2022 – Das Highlight in der Hitze
Nach meiner Qualifikation zur Langdistanz-WM vor einem Jahr beim Ironman Portugal waren die Saison und auch ein Großteil des Familienlebens auf die Reise nach Hawaii ausgerichtet. Zwei Monate Elternzeit wurden genutzt um mich auf die Saison vorzubereiten – im März war ich mit der Familie in Girona, im Mai blieben wir zuhause zum Trainieren. Bis wir nach Hawaii reisten, durchlebte ich heuer viele Höhen und Tiefen im Sport. Eine Verletzung im Oberschenkel hielt mich im Frühjahr und Sommer immer wieder längere Zeit vom Laufen ab. Das kostete echt viel Nerven und Feingefühl im Lauftraining. Trotzdem war ich in sehr guter Form, die ich bei der Challenge Roth und durch den Sieg beim Triathlon Ingolstadt zeigen konnte. Das sollte doch dann auch auf Hawaii klappen …
Wir reisten bereits 12 Tage vor dem Rennen an, um uns bestmöglich zu akklimatisieren. Natürlich waren Tanja und Toni mit dabei. Auch Olaf vom RTG, der sich letztes Jahr beim Ironman in Frankfurt qualifizierte, war mit dabei. Tanja´s Bruder Marvin mit Freundin Krissi, sowie Olaf´s Bruder Andi kamen in der Rennwoche noch dazu um uns zu supporten. Wir wohnten gemeinsam in einem Haus mit bestem Meerblick, etwa 30km entfernt von Kona. Die Chemie zwischen allen stimmte von Anfang an sehr gut und wir hatten echt viel Spaß zusammen!
Olaf und ich nutzten die letzten Trainingseinheiten um uns Teilstücke der Wettkampfstrecke anzuschauen und mit den Wind- und Hitzebedingungen vertraut zu werden. Schwimmen im ca. 25 Grad warmen Pazifik mit den Delfinen und die Radeinheiten auf dem Queen-K-Highway durch die Lavafelder waren einzigartig! Bis zum Radcheck-in am Freitag fühlte sich das bei mir eher noch wie Urlaub mit bisschen Sport an. Erst dann kamen das bekannte Kribbeln und diese positive Anspannung auf. Wir hatten beide richtig Bock auf dieses Rennen.
Samstagfrüh um kurz nach 3 Uhr aufstehen, Kaffee und Porridge, ab ins Auto damit wir um 5 Uhr in der Wechselzone sind. Das Rad nochmal checken, Luft aufpumpen, Verpflegung ans Rad. Um 6:50 fiel für mich der Startschuss. Wasserstart am Pier in Kona, mit ca. 400 Athleten aus meiner Altersklasse. Ich kam gut rein und konnte mich gleich im vorderen Teil des Feldes festsetzten. Das Tempo war gut und ich hatte im Wasserschatten keine Probleme. Beim zurückschwimmen wurde es dann etwas chaotischer, da wir auf sehr viele Athleten aus der vorderen Startgruppe aufgeschwommen sind. Mit 57 Minuten kam ich auf Platz 33 relativ entspannt aus dem Wasser und der Wechsel aufs Rad klappte reibungslos. Zuerst musste man eine kleine Schleife durch Kona fahren, bevor es über einen kurzen steilen Anstieg an der Palani Road auf den Highway Richtung Hawi zum Wendepunkt ging. Leider verlor ich durch die vielen Schlaglöcher bereits in Kona meine erste Rahmenflasche mit 2 Stunden Kohlenhydrat-Verpflegung. Backup über Gels hatte ich nur für 1 Stunde an Board. Ich blieb trotzdem konzentriert und versuchte ab dem Highway meinen Rhythmus zu finden. Die Beine fühlten sich gut an und ich fuhr die ersten 60 Kilometer bereits einige Plätze nach vorne. Dann passierte es wieder: meine zweite Rahmenflasche verabschiedete sich bei einer Bodenwelle. Somit hatte ich nach 2 Stunden keine eigene Verpflegung mehr und musste mich mit Kohlenhydraten aus Gels und Gatorade versorgen, das an den Verpflegungsstellen gereicht wurde. Ab dem Anstieg nach Hawi hatte ich dafür eine gute Radgruppe, die ich auf dem Rückweg nutzten konnte um etwas rauszunehmen und Energie zu sparen. Jetzt spürte man auch schon die Hitze und ich versuchte mich konsequent mit Wasser zu kühlen. Der Wind stand gut und wir konnten mit einem 41ger Schnitt nach Kona düsen. Nach 4:38h stieg ich auf Platz 10 vom Rad.
So kann’s weitergehen, denn auch die ersten Schritte beim Laufen fühlten sich sehr gut an. Nach der langen Fahrt durch die Lava-Landschaft mit nur vereinzelten Zuschauern durfte man jetzt am Ali´i Drive mit tausenden Zuschauern und bester Stimmung laufen. Mein Pacing passte und ich war auf 3h-Marathonkurs. Nach 10km nahm ich aber aufgrund der Hitze einen Gang raus und versuchte mit Eis und Wasser an jeder Verpflegungsstelle so gut es ging zu kühlen. Dann musste man die Palani Road wieder hoch, bevor es auf den Highway Richtung Energie-Lab zum zweiten Wendepunkt der Laufstrecke ging. Das war definitiv der schwierigste Teil der Strecke: nur vereinzelt Zuschauer, windig und sehr heiß aufgrund des aufgeheizten Asphalts und der Lavasteine neben der Straße. Ich versuchte mein Tempo noch so hoch wie möglich zu halten und nicht zu überhitzen, mehr war leider nicht drin unter diesen Bedingungen. Man kämpfte sich von einer Verpflegungsstelle zur nächsten, durchs Energie-Lab und zurück, und danach wieder den ewig langen Abschnitt am Highway zurück. Bis man nach 40km wieder in Kona war und mit dem Support der Zuschauer die Palani Road runter lief. Da wurde man wieder aus der Trance geholt und die letzten Meter am Ali´i Drive auf der Zielgerade waren einfach nur zum Genießen. Glücklich und zufrieden bin ich nach 9:05h und Platz 25 in der AK30-34 im Ziel angekommen.
Olafs Rennen begann um 7:20 gemeinsam mit 600 Athleten der AK45-49. Er konnte das Schwimmen im Pazifik bei moderatem Wellengang genießen und stieg nach 1:01h aus dem Wasser. Seine Strategie war dann ein eher defensives Radfahren, um anschließend noch frisch für den Hitzemarathon zu sein. Mit einem Radsplit von 5:22h war er definitiv defensiv unterwegs, danach leider nicht mehr wirklich frisch: Die an den Verpflegungsstationen angebotenen Wasserflaschen rutschten durch die Flaschenhalter an seinem Bike, so dass er mehrere Flaschen verlor und über weite Strecken mit einer Wasserflasche in der Hand oder eingeklemmt zwischen seinen Unterarmen am Aerolenker unterwegs war. Neben einer unentspannten Haltung auf dem Bike hatte es auch zur Folge, dass er sich nicht ausreichend kühlen und mit Wasser versorgen konnte. Der Dehydrierung entgegenwirkend trank er an den Verpflegungsstellen auf der Laufstrecke möglichst viel, während er die ersten 22km noch in seiner Zielpace von 4:45min/km unterwegs war. Die vermehrte Flüssigkeitsaufnahme führte dann aber zu heftigen Magenkrämpfen bis zum Erbrechen und zu einem Wandertag. Die letzten 10km konnte er wieder flüssig laufen, allerdings ohne auch nur einen Tropfen Wasser zu sich nehmen zu können. Der Marathon in 4:21h ist damit nicht annähernd so gelaufen, wie er es erwartet hat. Dennoch konnte er in seiner AK einen Platz im Mittelfeld belegen und den emotionalen Zieleinlauf bei Tageslicht genießen. Finish!
Am Höhepunkt unserer sportlichen Karrieren, für den wir so viel investiert und trainiert haben. Der lange Weg dorthin, mit Höhen und Tiefen. Dann ist alles mit einem Schritt über die Finishline vorbei. Wir sind am Ziel, und der Weg hat sich gelohnt!
Auch wenn wir beide speziell vom Marathon und unserer Platzierung etwas mehr erwartet haben, sind wir trotzdem sehr zufrieden und überaus glücklich mit unserer Leistung! Wir beide sind gesund und ohne Beschwerden ins Ziel gelaufen.
Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung unserer Familien und unseres Umfelds, die einen Großteil dazu beigetragen haben, dass wir bei so einem großartigen Rennen dabei sein durften!
Mahalo & Aloha aus Hawaii
Andi & Olaf