Calvados Interlude 1974

Von Norman Gower

Am 6. Juni dieses Jahres war es schwer zu übersehen dass der 8o. Jahrestag von D-Day stattfand – die Landung alliierten Truppen an den Stränden Normandies in Frankreich. Wie jedes Jahr an diesem Tag sammelten sich dort Staatsoberhaupte, Politiker und führenden Offiziere der NATO um alle Gefallene zu ehren und zu ermahnen dass solche Aktionen nie wieder vorkommen!

Unter diesen prominenten Gästen befanden sich, wie immer, vielleicht zum letzten Mal, eine allmählich schrumpfende kleine Anzahl älterer Männer, Veteranen jener schrecklichen Tage, alle jetzt mehr oder wenige ein hundert Jahre alt. Im Sommer 1974 verbrachte ich den Sommer in einem kleinen Ort in Calvados, Normandie unweit der Stadt Caen und dort traf ich zwei dieser alten Soldaten.

Sie waren Mitglieder einer Einheit des „Royal Regiment of Canada“, die am 18. Juli 1944 in der Befreiung der Orte Louvigny bzw. le Mesnil de Louvigny, wo ich wohnte, beteiligt waren. Dreißig Jahre später kehrten sie, zusammen mit ungefähr fünfzig ehemaligen Kameraden, nach Louvigny zurück.

Eine zusätzliche Tafel an dem Ortskriegsdenkmal zu Ehren dieser Männer von jenseits des Atlantiks wurde diesen Männern gewidmet und durch eine Zeremonie unter der Anwesenheit des Bürgermeisters, sämtlicher Funktionäre, des Pfarrers und des gesamten Dorfes wurden die Kanadischen Veteranen empfangen und willkommen geheißen.

Der Bürgermeister schlug vor, dass jeder Haushalt des Dorfes ein oder zwei dieser Gäste zu sich einladen sollte, bewirten mit einem schönen Essen inclusive reichlich Calvados um Ihnen zu zeigen, dass sie nicht vergessen wurden. 

Im Haus von Madame P., wo ich ein Zimmer gemietet hatte, wurden zwei Gäste erwartet allerdings gab es ein Problem, ich sollte mich als Dolmetscher zu Verfügung stellen. Madame P. sprach kein Englisch und meine Französisch Kenntnisse bestanden nur aus dem was man in der Abendschule während eines Wintersemesters in einer Londoner Volkshochschule lernen konnte. Keine Grundlage für eine philosophische Diskussion.

Madame P. und ich hatten uns meistens in einer Art Deutsch unterhalten, sie hatte während des Krieges etwas gelernt und ich etwas in der Schule. Allmählich hatte ich während meines mehr wöchigendem Aufenthalts meine Französisch Kenntnisse zwar verbessert aber viel zu wenig für so eine Aufgabe. Die Blinden wurden von den Blinden geführt.

Glücklicherweise war mein alter Radkamerad Ron auch in Louvigny in der Zeit und hatte mich mit seinen Französische Kenntnissen gerettet. Ich konnte mich entspannen und bekam ein Essen umsonst - und was für ein Essen! Madame P. hat ein wunderbares Fest vorbereitet.

Es gab mehrere Gerichte – Suppe, Fisch, Roastbeef, Dessert und Käse. Alles hinuntergespült mit Côtes du Rhône (anstatt des üblichen Cidre) und großzügige Portionen Calvados. Eine genauere Beschreibung von diesem Menu ist, nach so üppigem Alkoholkonsum und mit dem Verlauf der Zeit, nicht mehr möglich.

Ich habe aber immer noch den Eindruck dass viel Butter oder Sahne wichtige Zutaten der Gerichte waren – manchmal beides. Kein Wunder dass sich in der Normandie Fachärzte für Leberkrankheiten eine goldene Nase verdienen.

Die Konversation des gesamten Essens, ähnelte einem schlechten Tag vom Turm von Babel. Mit Erinnerungen der Kanadier und Madame P., Erzählungen von den dreißig Jahren danach und zahlreichen Missverständnissen, alles in diesem polyglottem Wirrwarr aus Französisch, Englisch und Deutsch mit einigen Flämischen Worten wenn nichts anderes mehr half.

Unsere zwei Gäste aus Toronto waren von der Gastfreundlichkeit Madame P und der Pays d’Auge Calvados (zwölf Jahre in Eichenfässer gereift) begeistert und mussten sich, als das Fest vorbei war, eine kurze Verschnaufpause liegend auf dem Rasen gönnen, den Sternenhimmel der Normandie studieren und bestimmt dachten sie über ihre Erfahrungen dieser vergangenen Zeit und über verlorene Kameraden nach

Ich stieg mit schweren Beinen und vernebelten Kopf die Treppen zu meinem Zimmer hoch und dachte mit Schrecken daran, dass ich am nächsten Tag zu einem Rennen angemeldet war. 

An der Startlinie des GP des Villages Aunoy-sur-Orne dachte ich nur, hoffentlich halte ich wenigstens ein paar Runden durch! Aber wie durch ein Wunder bekam ich gute Beine, fuhr als 10. ins Ziel, als zweitbester unseres Vereins (des U.V. Caen) und verhalf somit den Mannschaftspreis zu gewinnen. 

Fazit: Training, früh ins Bett gehen und nur gesunde Ernährung scheinen nicht so wichtig zu sein.

Ingolstadt Juli 2024

Norman Gower in Aktion!



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